STAVO am 21.03.2019- Haushaltsrede Jens Kühle

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren!
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr haben wir Stadtverordnete den Haushalt 2018 fraktionsübergreifend und einstimmig beschlossen. Ein fast historisches Ereignis in der neueren Zeitrechnung der Stadt Wolfhagen, zumindest seitdem eine echte Opposition existiert. Eine Opposition, die entgegen allen falschen Behauptungen nicht per se gegen alles ist, sondern schätzungsweise ca. 80 % der Vorlagen und Anträge mitträgt. Das nur am Rande.
Die BWB-Fraktion konnte dem Haushalt 2018 zustimmen, weil er durch entsprechende Änderungsanträge, die eine geplante Grundsteuererhöhung zugunsten von Einsparpotenzialen bei den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen sowie zugunsten eines Einstellungsstopps vorsahen, so gestaltet wurde, wie wir es immer gefordert haben: Nämlich bevor die Bürger Wolfhagens mit Gebühren- und Steuererhöhungen belastet werden muss zuerst geprüft werden, ob alle Einsparpotenziale in der Verwaltung ausgeschöpft worden sind.
Man sollte meinen, dass nach einer solchen Klatsche für denjenigen, der den Haushalt eingebracht hat – ich spreche von Ihnen, Herr Bürgermeister- ein gewisser Lerneffekt eingetreten ist. Aber-weit gefehlt. Die vom Parlament geforderten Einsparungen wurden in erster Linie durch Verschiebungen von Investitionen erreicht. Formal korrekt, schließlich hat das Parlament dem Magistrat freie Hand bei der Wahl der Mittel zur Kostenbegrenzung gelassen. Moralisch mindestens bedenklich, weil wir Stadtverordnete etwas anderes wollten, nämlich Einsparungen bei den Verwaltungskosten. Wirtschaftlich höchst unvernünftig, weil die Aufschiebung von Investitionen der Kommune und damit den Bürgern mittel- bis langfristig immer teurer zu stehen kommt. Das weiß jeder der hier Anwesenden aus seinem privaten Bereich.
Und auch ein Jahr später, heute bei der Beratung über den Haushalt 2019 erleben wir das gleiche, was wir leider in den letzten Jahren immer wieder erleben mussten: Um einen defizitären Haushalt zu verhindern, soll den Bürgern gleich 2x, nämlich bei den Abwassergebühren und bei der Grundsteuer in die Tasche gegriffen werden. Es wird Sie deshalb nicht verwundern, dass die BWB-Fraktion diesem Haushalt so nicht zustimmen kann. Soweit vorab.
Konkret zum Haushalt 2019:
Eingebracht vom Bürgermeister im Januar als „Eckpunktepapier“ sah er Erträge in Höhe von 32,8 Mio Euro vor, ungefähr 1,2 Mio EUR mehr als 2018 geplant. 600.000 EUR wollte man aus der Erhöhung der Abwassergebühren erzielen, ca. 300.000 EUR mehr aus dem Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer. Der restlichen Erträge bleiben im Vergleich zu 2018 ziemlich unverändert. Die Aufwendungen hingegen sollten gegenüber dem Ansatz 2018 um knapp 1,2 Mio steigen. Maßgeblich getrieben durch Personalaufwendungen (+440 TEUR) und die berühmten Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen (+710 TEUR). Die Steueraufwendungen und Umlagen steigen nur moderat um 200 bzw. gut 100 TEUR. Also anders, als in Ihrer Pressemitteilung zu lesen war, wonach u. a. die erhöhten Umlagen Ihre Gebührenerhöhungen erforderlich machen. Hier haben Sie wieder einmal nicht die Wahrheit gesagt, Herr Bürgermeister. Oder war Ihnen das nicht bewusst? Würde mich auch nicht wundern, macht es aber nicht besser. Es sind also wieder einmal die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen und die ausufernden Personalkosten, also genau die Positionen, die Ihnen vor einem Jahr schon das Genick gebrochen haben und zu der schon erwähnten Klatsche führten, die Sie nicht in den Griff bekommen und deshalb die Bevölkerung zur Kasse bitten wollen.
Bleiben wir noch einmal bei der Pressemitteilung, denn Sie haben ja noch einen Schuldigen für die Misere ausgemacht: Das Land Hessen, genauer gesagt, die Hessenkasse. Also genau die die Institution, die Ihnen 4,35 Mio EUR geschenkt und noch einmal den gleichen Betrag geliehen hat, damit Sie den Kassenkredit tilgen konnten, soll schuld daran sein, dass Gebühren erhöht werden? Wir halten eine solche Aussage gelinde gesagt für eine Frechheit. Da kommt das Land Hessen und hilft Ihnen bei der Reduzierung Ihres Dispokredits, der übrigens gemäß Hessischer Gemeindeordnung nur zum Ausgleich von Spitzen in Anspruch genommen werden soll. Das hat Sie aber in der Vergangenheit nie interessiert, im Gegenteil, der Kassenkredit hatte mit zuletzt 12 Millionen Euro eine langfristige Finanzierungsfunktion. Trotzdem wurde er bei den Schulden der Stadt nie aufgeführt. Also, das Land Hessen hilft Ihnen bei der Reduzierung Ihrer Schulden und Sie, Herr Bürgermeister wollen dem Land die Schuld dafür in die Schuhe schieben, dass Sie einen Teil davon jährlich mit 300.000 Euro tilgen müssen. Das ist eine sehr abenteuerliche Sicht der Dinge. Die Wahrheit ist doch, dass aufgrund der Misswirtschaft der vergangenen Jahre sich 12 Millionen Euro an kurzfristigen Verbindlichkeiten aufgetürmt haben. Und dafür trägt nicht das Land die Verantwortung, sondern Sie.
Wir waren auch sehr erstaunt darüber, dass Sie auch jetzt, nach der Tilgung durch die Hessenkasse g einen Kassenkredit von 5 Millionen Euro benötigen wollen. Bisher betrug der Kassenkredit wie eben schon erwähnt 12 Mio EUR. Abzüglich der 8,7 Mio EUR von der Hessenkasse sollte Ihnen rein rechnerisch ein Kassenkredit von maximal 3,3 Mio Euro reichen. Wofür brauchen Sie also 5 Millionen EUR, wie im Planentwurf zu lesen? Selbst bei dem von Ihnen selbst eingebrachten Entwurf planen Sie mit einer Kontoüberziehung von maximal 2,7 Millionen Euro. Also sollten doch 3 Millionen genügen.
Die BWB Fraktion beantragt deshalb, den Kassenkreditrahmen auf 3 Millionen Euro zu begrenzen.
Soweit also erst einmal zum ersten Entwurf.
Kommen wir nun zu den dem Entwurf nachfolgenden Beratungen. Ich möchte mich hierbei auf den Ergebnishaushalt konzentrieren. Wir haben es uns nicht träumen lassen, dass die Beratungen schlimmer und unprofessioneller vorbereitet wurden als noch vor einigen Jahren. Im letzten Jahr konnte ich Ihnen, Herr Bürgermeister, wenigstens noch attestieren, dass der Haushalt in sich schlüssig, korrekt und gut vorbereitet war. Diesmal leider nicht…
Ohne hier an dieser Stelle irgendjemanden diskreditieren zu wollen, habe ich eine dringende Aufforderung an Sie: Sorgen Sie endlich für vernünftige Strukturen und Prozesse in der Verwaltung. Diese fangen bei einem Vier Augenprinzip an. Es kann, nein es darf nicht sein, dass dem Haupt- und Finanzausschuss Vorlagen mit Rechenfehlern, die exorbitante Auswirkungen, nämlich hohe sechsstellige Beträge, haben, vorgelegt werden. Es ist auch nicht die Aufgabe eines Haupt- und Finanzausschussmitglieds zu prüfen, ob die Vorlagen inhaltlich und rechnerisch korrekt sind. Wir Feierabendpolitiker haben ein Anrecht auf korrekte und vollständige Unterlagen, übrigens nicht nur, wenn es um den Haushalt geht.
Ich werde oft wegen meiner zugegebenermaßen manchmal penetranten Nachfragen kritisiert. Der sicher allen bekannte Vorfall, der letztendlich zu einer Verschiebung der Verabschiedung des Haushalts um zwei Monate geführt hat, bestätigt jedoch mein Misstrauen. Sicher, Fehler können passieren. Es ist aber nicht nachvollziehbar, dass eine nicht korrekte Vorlage von der zuständigen Abteilung über das Bürgermeisterbüro, dann in den Magistrat und schließlich in den Haupt- und Finanzausschuss gelangt, und erst dann, nachdem zur besseren Nachvollziehbarkeit der Neukalkulation der Abwassergebühren die entsprechende Berechnungstabelle eingefordert wird, auffällt, dass man sich verrechnet hat. Jetzt könnte man zwar argumentieren, die verspätete Verabschiedung des Haushalts ist nicht schlimm, weil nun im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung nur die zwingend notwendigen Ausgaben getätigt werden können. Richtig. Das spart erst einmal Kosten. Andererseits fehlen Ihnen so zwei Monate Zeit zum Gestalten. Da wir mit einer Genehmigung des Haushalts wohl erst im Mai rechnen können, bleiben Ihnen sogar nur noch 7 Monate. Es sollte also in Ihrem ureigensten Interesse liegen, endlich für vernünftige Strukturen und Prozesse zu sorgen. Und bevor Sie Herr Bürgermeister sich aufgerufen fühlen, Ihre Mitarbeiter nun öffentlich zu verteidigen: Ich kritisiere nicht Ihre Mitarbeiter. Ich kritisiere die internen Verwaltungsprozesse und dafür sind nur Sie verantwortlich.
Die Tatsache, dass zur Neuberechnung der Abwassergebühren nun auch noch zusätzlich eine externe Beratungsgesellschaft eingeschaltet wurde, macht das ganze Dilemma auch nicht besser. Im Gegenteil. Genauer gesagt verstehen wir nicht, warum trotz der Aufstockung der Finanzabteilung um weitere betriebswirtschaftliche Kompetenz mit nunmehr insgesamt 4 Personen trotzdem eine simple Berechnung nach außen gegeben und teuer eingekauft werden muss. In diesem Zusammenhang erinnere ich noch einmal an unseren von der Parlamentsmehrheit leider abgelehnten Antrag auf öffentliche Ausschreibung von Leitungspositionen im Rathaus. Darüber hinaus sehen wir hier Einsparpotenzial. Es macht doch keinen Sinn, einerseits das Personal ständig aufzustocken und dann trotzdem, wenn es vermeintlich etwas schwieriger wird, Leistungen nach außen zu verlagern und dafür teuer bezahlen zu müssen. Das gilt übrigens nicht nur für die Kämmerei. Wir sehen hier erhebliches Einsparpotenzial. Sollte sich herausstellen, was ich nicht glaube, dass das externe Büro an dem eben beschriebenen Debakel schuld ist, erwarten wir, dass dafür kein Honorar gezahlt wird.
Das Schöne an den Vorlagen zum Haushalt der früheren Jahre war, dass auf den ersten Seiten eine Vorbemerkung bzw. eine Zusammenfassung des über 800 Seiten starken Werks vorangestellt war. Hier konnte man sich einen ersten Überblick verschaffen, es gab Erläuterungen zu den wichtigsten Positionen wie Steueraufkommen, Schulden, detaillierte Aufstellungen der Kosten usw. Eine Vorbemerkung ist jetzt zwar auch da, die ergießt sich aber gegenüber früher in Allgemeinverbindlichkeiten und macht es uns Ehrenamtlichen nicht leichter, die Zusammenhänge zu verstehen. Ist das übersehen oder vergessen worden? Oder sollen wir den Haushalt nicht auf Anhieb verstehen? Beides wäre gleich schlimm. Ich wiederhole mich: Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass es nach dem personellen Neuanfang in der Kämmerei schlechter wird…
Nun noch einmal zum Haushaltswerk selbst:
Geplant (!) ist ein Überschuss von ca. 600 TEUR. Wie gesagt, geplant. Wer noch das Haushaltssicherungskonzept von 2018 im Kopf hat, der weiß, dass im letzten Jahr für 2019 noch ein Überschuss von knapp 1,7 Millionen geplant war. Auch dass ist wieder ein Beweis dafür, wie wenig wir Ihrem Zahlenwerk trauen können, Herr Schaake. Niemand kann erwarten, dass ein Plan immer 1:1 aufgeht, umso schwieriger ist eine Planung über einen 12 Monatszeitraum hinaus. Aber eine Abweichung um über 1 Million Euro? Ich bitte Sie, Sie haben diese utopischen Zahlen vergangenes Jahr doch nur aufgeschrieben, um die Kommunalaufsicht zu befriedigen, mit seriöser Planung hat das doch nichts mehr zu tun. Nichts desto trotz: Herr Schaake, legen Sie den Namen Reinhard ab und lassen Sie sich in Felix umtaufen, denn das Glück ist offensichtlich mit Ihnen: Ein Haushaltssicherungskonzept in der Form wie wir es kennen ist seit diesem Jahr nicht mehr erforderlich, die Verluste der vergangenen Jahre müssen nun nicht mehr ausgeglichen werden. Sie werden nun zu Lasten des Eigenkapitals der Stadt Wolfhagen gebucht. Glückwunsch! Das senkt zwar die Eigenkapitalquote aber die ist- zumindest kurzfristig- für die Stadt erst einmal unerheblich. Jetzt machen Sie aber bitte nicht das Land für die spürbare Senkung der Eigenkapitalquote verantwortlich. Dafür sind Sie verantwortlich, weil Sie in der Vergangenheit enorme Fehlbeträge in Millionenhöhe aufgetürmt haben.
Wie kommt es nun zu dem Überschuss von 600 TEUR in 2019? Durch Einsparungen? Durch eine Belebung der Innenstadt oder durch Ansiedlung von Gewerbe mit den damit verbundenen Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer? Schön wär`s!
Sie erreichen den Haushaltsausgleich nur dadurch, indem Sie wieder den Bürgern in die Tasche greifen wollen:
• Abwassergebühren sollen um ca. 20 % steigen
• Grundsteuer um 30 %.

Nicht viel für die Bürger. Ein 4 Personenhaushalt zahlt nur jeweils ca. 100 Euro pro Jahr mehr, so die Aussage der Verwaltung, zu finden in den Anlagen. Zusammen mit der Erhöhung der Kindergartengebühren in 2016 und den vorausgegangenen Grundsteuererhöhungen kommen da aber auch mal schnell bis zu 500 EUR zusammen. 500 EUR, die einem 4 Personenhaushalt an Kaufkraft fehlen. Und damit geht der Kreislauf los: Weniger Kaufkraft für die Verbraucher, weniger Umsatz für die Geschäfte, weniger Umsatzsteuer, weniger Gewerbesteuer. So einfach ist das leider.
„Wir wollen ein lebens- und liebenswertes Wolfhagen erhalten, die Stadt für junge Familien attraktiv machen…“ so heißt es in der Pressemitteilung des Magistrats. Dazu eine Frage: Was bitteschön ist attraktiv an einer deutlich über dem Landkreisdurchschnitt liegenden Grundsteuer, die Hausbesitzer, Mieter und übrigens auch Landwirte betrifft. Bitte kommen Sie uns jetzt aber nicht mit dem Beispiel Bad Emstal. Ich weiß, schlimmer geht immer, aber mit dem Schlusslicht in Nordhessen müssen wir uns ja jetzt nun wirklich nicht vergleichen.
Die BWB-Fraktion beantragt in diesem Zusammenhang deshalb folgendes:
Die in § 5 der vorgelegten Haushaltssatzung der Stadt Wolfhagen für das Haushaltsjahr 2019 ausgewiesenen Steuersätze für Grundsteuer A und Grundsteuer B werden auf 420 v. H. festgesetzt
Richtig perfide sind Sie ja bei der Neukalkulation der Abwassergebühren vorgegangen: Wie wir alle wissen, müssen Gebührenhaushalte ausgeglichen sein, an Gebühren darf die Stadt nichts verdienen. Was also tun? Einfach die Berechnungsmethode ändern! Statt bei den Abschreibungen wie bisher die historischen Anschaffungswerte z. B. für Kanäle zugrunde zu legen, ziehen Sie nun die wesentlich teureren Wiederbeschaffungszeitwerte heran und- siehe da- Ein Defizit im Gebührenhaushalt entsteht und gibt der Stadt die Gelegenheit, mal wieder die Bürger zu schröpfen. So werden aus zahlungsunwirksamen Kosten, den Abschreibungen, zahlungswirksame Gebühreneinnahmen. Sehr kreativ, aber leider das falsche Signal für ein lebens- und liebenswertes Wolfhagen. Erstaunlicherweise sind Sie dann auch noch so unverschämt und schreiben in Ihrer Pressemitteilung, dass der Haushaltsüberschuss nur mit der Erhöhung der Abwassergebühren erreicht werden konnte. Sie geben somit zu, dass es Ihnen nicht um einen ausgeglichenen Gebührenhaushalt, sondern einzig und allein um das Stopfen von Haushaltslöchern geht. Wenn das mal keine Klagen nach sich zieht. Erst recht, wenn man berücksichtigt, dass Sie hier einen kalkulatorischen Zinssatz von 5 % zugrunde gelegt haben. Und das in Zeiten von Negativzinsen auf Guthaben. Mutig aber- und das ist das Entscheidende: Für die Bürger nicht nachvollziehbar!
Nicht nachvollziehbar vor allem dann, wenn die Bürger mitbekommen, wo ihr Geld, denn nur zur Erinnerung: Wir reden hier über das Geld der Bürger, das diese Ihnen Herr Bürgermeister anvertrauen und wir Stadtverordnete zu kontrollieren haben, wo also das Geld der Bürger an anderer Stelle mit vollen Händen ausgegeben wird: Ich erwähne an dieser Stelle nur die fragwürdigen Projekte Hans Staden Platz und Mehrgenerationentreffpunkt. Beide Projekte kosten nur Geld und bringen der Stadt kein Geld und den Bürgern keinen Nutzen. Auch wenn Sie bei passenden Gelegenheiten immer wieder darauf hinweisen, dass der neugestaltete Hans-Staden Platz bzw. der Namenszusatz „Hans Staden Stadt“ der Stadt Wolfhagen immense Tourismuspotenziale erschließen soll: Daran glauben Sie doch selber nicht. Denn wenn Sie es tun würden, würde sich das ja bei den Einnahmen im Tourismusbereich niederschlagen. Das kann ich aber nicht erkennen. Besonders schlimm finden wir es, wie Sie mit einer geschenkten Hans-Staden-Statue das Kunststück fertiggebracht haben, noch weitere 70.000 Euro auszugeben. Oder sind es mittlerweile noch mehr geworden? Bitte stellen Sie sich in diesem Zusammenhang schon einmal auf eine BWB-Anfrage ein.
In der besagten Pressemitteilung deuten Sie an, dass ohne die eben angesprochenen Gebühren- und Steuererhöhungen ein Leistungsabbau unausweichlich gewesen wäre. Auch das stimmt erstmal so nicht. Leistungen werden ja z. T. deutlich gekürzt, z. B. bei den Dorfgemeinschaftshäusern oder beim Niederelsunger Freibad.
Für Leistungen braucht man Geld. Das ist wohl unbestreitbar. Geld lässt sich auch nicht ohne weiteres vermehren. Was hat denn die Kommune nun für Möglichkeiten, um mehr Geld für Leistungen zur Verfügung zu haben?
• Steuer- oder Gebührenerhöhungen
• Einsparungen bei den Verwaltungskosten
• Steuermehreinnahmen ohne Erhöhungen der Gebührensätze
Zu den Steuer- und Gebührenerhöhungen habe ich mich schon ausreichend ausgelassen. Sie haben in den letzten Jahren eindeutig bewiesen, dass Sie dieses Feld perfekt beherrschen. Ich wiederhole mich an dieser Stelle: Nach unserer Überzeugung dürfen Mehrbelastungen der Bürger immer nur die Ultima Ratio sein, also wenn nichts anderes mehr geht. Haben Sie andere Maßnahmen ausreichend geprüft? Mit Sicherheit nicht. Sie haben es sich leicht gemacht und wollen die Bürger wieder belasten.
Und damit sind wir schon beim zweiten Punkt, den Einsparpotenzialen in der Verwaltung: Hier fallen 2 Positionen ins Auge: Personalkosten mit fast 9 Millionen Euro (ca. 500 TEUR mehr als 2018 geplant) und Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen mit 5,7 Millionen Euro (ca. 700 TEUR mehr als 2018, das sind ca. 14 % mehr).
Personal können Sie nicht kurzfristig abbauen, richtig. Trotzdem können Sie hier kurzfristig Personalkosten sparen, die Produktivität Ihrer Mitarbeiter erhöhen und auch noch bei den Sach- und Dienstleistungen, genauer gesagt, bei den Aufwendungen für externe Beratungsleistungen sparen. Ich gebe Ihnen gerne einige, wenige Beispiele, obwohl es eigentlich traurig ist, dass ich Ihnen so etwas sagen muss:
Warum laufen Sie bei Gremiensitzungen immer mit einem so riesigen Gefolge auf? Heute sitzen 7 hochqualifizierte Verwaltungsspezialisten hier auf der Bank. Tun die das in Ihrer Freizeit? Glaube ich nicht. Die Überstunden dafür, dass Sie die Kollegen hier einbestellt haben, bezahlen Sie Herr Bürgermeister in Form von Rückstellungen, also Kosten oder dadurch, dass Sie originäre Tätigkeiten aus der Verwaltung von außen immer wieder teuer einkaufen müssen, weil Ihre Mitarbeiter irgendwann ihre Überstunden abbauen müssen. Was übrigens absolut legitim ist. Das Sparpotenzial mag vielleicht nicht besonders hoch sein, es wäre aber ein Anfang. Also: Reduzieren Sie die Anzahl der Verwaltungsmitarbeiter in unseren Sitzungen auf ein Minimum. Sie schlagen 2 Fliegen mit einer Klappe: Weniger Überstunden, dadurch weniger Personalkosten und weniger Beratungskosten dadurch, dass Ihre Mitarbeiter sich vornehmlich um ihre originären Aufgaben kümmern können. Der Nachteil ist, Sie, Herr Bürgermeister, müssten sich auf die Sitzungen besser vorbereiten. Das kann aber auch ein Vorteil sein…
Ähnlich verhält es sich mit dem Kulturzelt und dem Viehmarkt. Keine Angst, das BWB will weder das Kulturzelt noch den Viehmarkt abschaffen. Aber wenn die städtischen Mitarbeiter, Ihre freiwilligen Leistungen z. B. im Rahmen des Kulturzelts zu 50 % auf Überstundenbasis abrechnen, handelt es sich erstens um keine freiwillige Leistung und zweitens haben Sie hier den gleichen Effekt wie bei den Gremiensitzungen: Sie bauen Überstunden und damit Kosten auf! Also geben Sie doch Ihren Mitarbeitern und den Wolfhagern die Möglichkeit, sich freiwillig z. B. beim Kulturzelt oder beim Viehmarkt zu engagieren. Das ist nichts anderes, als das was Sie vom Niederelsunger Schwimmbadförderverein verlangt haben. So sparen Sie auch hier Geld und die Mitarbeiter können sich auf ihre originären Aufgaben konzentrieren und Sie brauchen nicht so viele Aufgaben extern zu vergeben, was dann auch noch Kosten bei den Sach- und Dienstleistungen einspart. Wir wissen alle, dass, auch wenn es in der Kulturzelt-Bilanz nie aufgeführt wird, erhebliches Einsparpotenzial bei den Beratungsleistungen zu finden ist. Zudem erreichen Sie auch noch zwei Dinge:
• Eine Gleichbehandlung der Ortsteilbürger wie z. B. den Kirmesburschen aus Istha mit den Bewohnern der Kernstadt
• Ein enormes Zusammengehörigkeitsgefühl derjenigen, die sich wirklich freiwillig z. B. für das Kulturzelt oder den Viehmarkt engagieren.
Sie hatten kürzlich vollkommen Recht, als Sie sagten, dass es nicht Aufgabe der Stadt sei, z. B. eine Kneipe im Niederelsunger Haus des Gastes zu betreiben, was die Stadt übrigens nie getan hat, aber egal. Ist es Aufgabe der Stadt, Mitarbeiter für einen Viehmarkt oder Kulturladen abzustellen? Sicher nicht.
Das waren nur einige Beispiele für kurzfristige Einsparmöglichkeiten im Personalbereich, die auf die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen ausstrahlen können, OHNE Leistungen für die Bevölkerungen einschränken zu müssen. Vielleicht muss dann das Kulturzelt oder der Viehmarkt mal etwas kleiner ausfallen. Oder man lässt Kulturzelt oder Viehmarkt alle 2 Jahre im Wechsel stattfinden? Macht die Waldbühne Niederelsungen übrigens auch. Und die Akteure und Helfer arbeiten dort zu 100 % ehrenamtlich OHNE Zuschüsse der Stadt. Geben Sie den Wolfhagern doch die Gelegenheit, sich für den Viehmarkt oder für Kultur zu engagieren! Ich bin mir sicher, dass eben beschriebene Maßnahmen bei der Bevölkerung besser ankommen, als sie mit ca. 200 EUR pro Jahr zusätzlich zu belasten.
Mittelfristig ergibt sich aber auch noch weiteres Sparpotenzial im Personalbereich: In einer Ausschusssitzung wurde erwähnt, dass in den nächsten Jahren 12 Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. Dadurch haben Sie in Kombination mit den eben erwähnten kurzfristigen Maßnahmen die phantastische Gelegenheit, weitere Kosten zu sparen: Optimieren Sie doch endlich einmal die Abläufe in der Verwaltung so, dass man auch mit knapp 140 statt 150 Mitarbeitern unsere Stadt verwalten und viel wichtiger gestalten kann. Wir halten das für möglich. Erforderlich dazu ist allerdings auch- Sie ahnen es- ein Konzept! Und da Sie ja immer wieder beklagen, dass es so schwer ist, Personal zu finden, weil niemand nach Wolfhagen möchte schlagen Sie auch hier 2 Fliegen mit einer Klappe!
Deshalb reichen wir folgenden Anträge in Bezug auf den Stellenplan ein:
Für alle freiwerdenden Personalstellen gilt eine Stellenbesetzungssperre. Über eine Wiederbesetzung entscheidet der Haupt- und Finanzausschuss.

Des Weiteren beantragen wir folgendes:
Der Magistrat wird beauftragt, ein Konzept mit dem Ziel zu entwickeln, den Stellenplan auf 140 Stellen zu begrenzen. Das Ergebnis ist der Stadtverordnetenversammlung bis September 2019 vorzulegen.
Eine weitere Möglichkeit, Kosten zu senken ist die, pauschal eine Zielvorgabe von x % Kosteneinsparung an alle Abteilungen zu geben. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass so ein Schritt sicherlich erst einmal schwierig ist und auch nicht gut ankommt. Aber wenn sich dieser erste Sturm der Entrüstung gelegt hat, werden Mitarbeiter durchaus kreativ, glauben Sie mir. Im vergangenen Jahr sagten Sie, Herr Bürgermeister, dass Sie die Abteilungsleiter gefragt hätten, ob sie Einsparpotenzial sehen würden und diese Ihnen dann unisono gesagt hätten, dass das auf gar keinen Fall möglich sei. Kein Wunder! Wer fragt auch schon die Gans, was es Weihnachten zu essen geben soll Hier ist Führungsstärke und Überzeugungsarbeit gefragt. Geben Sie ein realistisches aber ambitioniertes Ziel vor und sie werden staunen, was alles möglich ist.
Da Sie das freiwillig nicht tun werden, beantragen wir, wie bereits im vergangenen Jahr die CDU und SPD folgendes:
Die Aufwendungen im Bereich der Sach- und Dienstleistungen sind gegenüber dem Haushaltsansatz um 500.000 EUR zu reduzieren. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Reduktion zu mindestens 50 % bei den Aufwendungen erfolgt, die nicht für investive Maßnahmen geplant sind. Die Stadtverordnetenversammlung und der Haupt- und Finanzausschuss sind entsprechend zu informieren.
Kommen wir nun zum 3. Punkt, die Einnahmesituation der Stadt zu verbessern, nämlich zu den Steuermehreinnahmen OHNE Gebührensatzerhöhung. Hier konzentriere ich mich in erster Linie auf die Gewerbesteuer: Diese verharrt in Wolfhagen seit Jahren bei ca. 4 Mio. Euro. Trotz Hochkonjunktur in Hessen und in Deutschland. Warum eigentlich? Oder anders herumgefragt, was passiert, wenn die Konjunktur einbricht? Die Bundesregierung und die Wirtschaftsweisen haben ihre Prognose bereits auf deutlich unter 1 % Wachstum korrigiert. Selbst in Zeiten eines 3 %-Wachstums ist Wolfhagen kaum über die 4 Millionen Gewerbesteuer hinausgekommen. Hoffentlich heißt das nicht, dass wir nun mit erheblichen Einbußen zu rechnen haben, so dass im schlimmsten Fall der Haushalt dann defizitär wird. Hoffentlich.
Früher bildete die Gewerbesteuerschätzung der Stadt Wolfhagen immer die Variable, die geändert wurde, wenn man einen positiven Haushaltsplan brauchte. Das führte dann dazu, dass sogar einmal 5 Millionen eingeplant wurden, was natürlich in die Hose ging. Über die Planungsqualität habe ich mich ja vorhin schon einmal ausgelassen.
Andererseits: Es wäre doch toll, wenn die Gewerbesteuereinnahmen auf 5 Mio EUR steigen würden. Das geht natürlich nicht von allein. Ich kann Ihnen auch sagen, wie es nicht geht, nämlich mit einem Budget in Höhe von 8.000 EUR für die Belebung der Innenstadt. Sie ahnen, worauf ich hinaus will: Das mittlerweile nicht nur von uns eingeforderte Gesamtkonzept fehlt. Ich bin überzeugt davon, dass eine Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen um 25 % auf 5 Mio EUR auch oder auch gerade in Wolfhagen mittelfristig möglich ist, wenn man ein Gesamtkonzept aus
• Belebung der Innenstadt
• Begegnung des demographischen Wandels
• Vermarktung von Gewerbeflächen
• Sicherstellung der medizinischen Versorgung
um nur einige Eckpunkte zu nennen, entwickelt, um Wolfhagen zukunftssicher zu gestalten. Mit dem Programm „Aktive Kernbereiche“, so sinnvoll sie auch im Einzelfall sein kann, allein werden wir es nicht schaffen! Das Programm ist gut für jemanden, der ein marodes Haus kauft und mit entsprechenden öffentlichen Zuschüssen saniert. Viel mehr aber auch nicht.
Ein weiters Beispiel zu diesem Themenkomplex: In den Vorbemerkungen zum Haushalt haben Sie sehr ausführlich die erschreckende künftige Altersstruktur in Wolfhagen beschrieben. Warum finden wir nichts darüber, wie man dieser Situation begegnen kann, oder haben Sie innerlich schon aufgegeben.?
Ein weiteres Beispiel: Die Verwaltung hat sich sehr intensiv mit unseren Vorschlägen bzgl. der von der HNA und der Sparkasse geförderten Aktion „Home Shopping“ und auch mit dem Gütesiegel „Fair Trade town“ beschäftigt. Im Ergebnis hieß es dann aber mehr oder weniger: Bringt nix. Also machen wir weiter so.
Noch ein Beispiel: Warum müssen Sie, Herr Bürgermeister von der Stadtverordnetenversammlung aufgefordert werden, sich in Form einer Anzeige in Fachmagazinen um die Ansiedlung eines Kinderarztes zu kümmern? Warum müssen Sie immer wieder zum Jagen getragen werden?
Die BWB-Fraktion stellt in diesem Zusammenhang deshalb folgenden Antrag:
Der Magistrat wird beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, wie die Einnahmen aus Gewerbesteuer bis 2023 ohne eine Erhöhung des Steuersatzes sukzessive auf 5 Millionen Euro p. a. gesteigert werden können. In diesem Konzept sollen die
• Bevölkerungsentwicklung,
• Belebung der Innenstadt
• medizinische Versorgung der Bürger und die
• Erschließung und Vermarktung von Gewerbeflächen
berücksichtigt werden. Die in diesem Konzept ermittelten Werte der Gewerbesteuereinnahmen für die Jahre 2020-2023 sollen dann die Grundlage für die Haushaltsplanung 2020 bilden. Das Konzept ist der Stadtverordnetenversammlung bis zum 30.06.2019 vorzulegen.
Wir halten das für eine spannende Aufgabe und bieten ausdrücklich unsere Mitarbeit an.
Auch wenn es vornehmlich nur um den Haushalt 2019 geht, lohnt ein Blick über das Jahr hinaus: Auch in Ihrer Planung 2020-2022 finden sich bisher leider keine Impulse. Im Gegenteil: Der von uns kritisierte Neubau des Feuerwehrstützpunktes mit seinen durch Abschreibungen und Zinseinnahmen geschätzten Mehrkosten von ca. 250.000 Euro pro Jahr schränkt den finanziellen Spielraum der Stadt in Zukunft weiter erheblich ein. Allerdings haben Sie diese Kosten in Ihrer Planung wohl nicht berücksichtigt. Wenn dann die Steuereinnahmen sinken und die Zinsen steigen sollten, wird es ganz schwierig. Das für Sie einzig Positive wird dann wohl sein, dass Sie dann kein Bürgermeister mehr sind und sich der Verantwortung nicht stellen müssen. Ist aber auch kein Trost. Unabhängig davon wird dann der städtische Schuldenberg auf ca. 35 Mio EUR gestiegen sein. Sie werden dann als der Schulden- und Steuererhöhungsbürgermeister in die Wolfhager Geschichte eingehen.
Auch noch ein weiteres Risiko findet sich im Haushaltsplan nicht wieder, ich meine die Stadtwerke-Problematik. Weil niemand der hier Anwesenden auf unsere Bedenken zum Teilverkauf der Stadtwerke an Finanzinvestoren hören wollte, befinden wir uns nun in der Situation, dass wir darauf hoffen müssen, dass die BEG einem Rückkauf durch die Stadt zustimmen muss. Tut sie das? Zu welchem Preis? Zwar haben wir durchsetzen können, dass der Bürgermeister den Haupt- und Finanzausschuss regelmäßig über die Entwicklungen bezüglich des Rückkaufs des 25 % Anteils durch die Stadt informieren soll. Das Ganze passiert dann jeweils im nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Ich kann darüber trotzdem sehr guten Gewissens berichten, ohne die gebotene Vertraulichkeit zu verletzen, denn seit Februar ist praktisch nichts passiert. Leider bleibt hier nur die Hoffnung, die ja aber bekanntlich zuletzt stirbt.
Schlusswort:
Der vorgelegte Haushaltsplanentwurf ist intransparent und schwer verständlich. Die Vorbereitung seitens der Stadt war unprofessionell und mit Fehlern behaftet.
Die angenommenen Planungswerte erscheinen nicht unrealistisch, so dass tatsächlich ein Haushaltsüberschuss möglich scheint.
Die vom Magistrat vorgelegten Maßnahmen zur Einnahmeverbesserung schaden jedoch dem Standort Wolfhagen und sind zudem unsozial, weil wieder die Bürger einseitig belastet werden. Der Bürgermeister hat es erneut versäumt, Einsparpotenziale in der Verwaltung zu identifizieren und Konzepte aufzuzeigen, wie Handel und Gewerbe in Wolfhagen entwickelt werden können, um mehr Steuereinnahmen zu generieren, die Belastungen für die Bürger überflüssig machen und Wolfhagen zukunftssicher aufstellen.
Darüber hinaus ist der Haushalt sowohl kurz- als auch mittelfristig konzeptions- und ideenlos, es gehen von ihm keine Impulse zur Attraktivitätssteigerung der Stadt und zur nachhaltigen Verbesserung der finanziellen Spielräume aus.
Die Fraktion des Bündnisses Wolfhager Bürger kann deshalb diesem Entwurf nicht zustimmen.