Stavo im Juli 2020: Rede Jens Kühle zur Neustrukturierung der Stadtwerke (wegen Nichtöffentlichkeit nicht gehalten)

Meine Damen und Herren,

Um es vorweg zu nehmen:
Die BWB-Fraktion wird dem Spaltungsvertrag, der Änderung des Gesellschaftervertrages und auch dem Zusammenarbeitsvertrag zustimmen.

Warum? Ganz einfach: Wir, die Stadtverordneten müssen den großen Fehler, der seinerzeit GEGEN unsere Bedenken begangen wurde, korrigieren, um noch größeren Schaden als der der schon entstanden ist, für die Stadt und seine Bürger zu verhindern.

Nein, mit dem Fehler meinen wir nicht das Aufstellen von Windrädern auf dem Rödeser Berg, das ist eine ganz andere Geschichte. Wir meinen viel mehr, dass der BEG eine Beteiligung in Höhe von 25 % an den Stadtwerken gewährt wurde. Ohne Not. Wenn Sie sich Mühe geben, werden Sie sich daran erinnern, dass wir diese Beteiligung von Anfang an abgelehnt haben.

Nicht, weil wir wussten, dass sich die europäische Gesetzgebung dahin gehend ändern würde, dass privatrechtlichen Unternehmen, zu dem die Stadtwerke damals gemacht wurden, später vorgeschrieben wird, die Wasserkonzession europaweit auszuschreiben. Damit wäre die Gefahr verbunden gewesen, dass ein gewinnorientiertes Unternehmen die Wasserkonzession mit allen negativen Folgen für Stadt und Bürger, Beispiele gibt es ja genug, erwerben kann. Das konnten wir – und damit meine ich uns alle hier- nicht wissen. Der damalige Geschäftsführer der Stadtwerke ahnte es vielleicht, der damalige und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke Wolfhagen GmbH hätte es vielleicht ahnen können, dass so etwas einmal kommen kann, denn im Gespräch war eine entsprechende europäische Gesetzesänderung schon vor 2011.

Nein, wir haben schon damals kritisiert- und das können Sie nachlesen – dass es nicht nachvollziehbar ist, dass ein Kapitalinvestor, der vielleicht noch nicht einmal in Wolfhagen wohnt oder gar keinen Bezug zu Wolfhagen hat, sich BEG-Anteile mit der Hoffnung auf eine hohe Rendite kauft und damit automatisch Miteigentümer unserer Stadtwerke wird und damit nicht nur von den Windrädern profitiert, sondern auch automatisch Eigentumsrechte an der Wolfhager Wasserversorgung erwirbt. Haben wir immer gesagt.

Natürlich haben Sie damals nicht auf uns gehört.

„Demokratisierung der Stadtwerke“ haben Sie die Privatisierung der Stadtwerke an Privatinvestoren damals genannt. Was für ein Unfug! Waren die Stadtwerke damals undemokratisch? Natürlich nicht. Und was ist das, was jetzt passiert? „Entdemokratisierung der Stadtwerke? Sicher auch nicht.

Wir erreichen mit dem heutigen Beschluss, dass zumindest das Strom- und Wassernetz wieder der Stadt Wolfhagen allein und damit den Bürgern der Stadt, genauer gesagt NUR den Bürgern der Stadt gehört. Und das ist gut so.

Der Preis für diesen Deal, ist hoch, das war aber zu erwarten. Schließlich war die BEG von Anfang an in der wesentlich besseren Verhandlungsposition. Das sieht man auch an den Vertragswerken:

Statt 25 % an der alten Stadtwerke GmbH bekommt die BEG nun 40 %.

Was bedeutet das für die Einnahmesituation der Stadt Wolfhagen? Schließlich sind die Gewinnausschüttungen der Stadtwerke ein fester und wichtiger Posten im städtischen Haushalt. Wie hoch werden die Gewinnausschüttungen aufgrund der neuen Beteiligungsverhältnisse zugunsten der BEG künftig sein?

Einen weiteren Verhandlungserfolg konnte die BEG in Bezug auf die Anzahl Aufsichtsratsmitglieder erringen: Die BEG hat nun 3 Sitze und einer von ihnen wird immer (!) stv. AR-Vorsitzender sein. Das bedeutet: Mehr Einfluss für die BEG, weniger für die Stadt Wolfhagen.

Und schließlich: Was hat uns, der Stadt und damit den Bürgern der ganze Spaß gekostet?

  • Gutachten
  • Unternehmensbewertung
  • Spaltungsvertrag
  • Neuer Gesellschaftervertrag
  • Zusammenarbeitsvertrag

Wie teuer war das alles und : Wer zahlt das alles? Die BEG sicher nicht, für die bestand ja auch kein Handlungsbedarf. Also: Die Stadtwerke, respektive die Stadt.

Herr Bürgermeister, es wäre toll gewesen, wenn diese Informationen irgendwo in den 571 Seiten dieses Tageordnungspunktes zu finden gewesen wären. Nach meinen bisherigen Erfahrungen müssen wir davon ausgehen, dass solche wichtigen Berechnungen gar nicht gemacht worden sind. Weil wir diese Informationen nicht bekommen haben, kündige ich schon jetzt an, dass wir nach der Sommerpause entsprechende Anfragen stellen werden. Nicht weil wir Sie beschäftigen wollen. Nein, weil wir und die Bevölkerung ein recht darauf haben, zu erfahren, wie teuer der Stadt diese Umstrukturierung zu stehen kommt und vor allem: weil es sich schlicht und einfach gehört, uns Parlamentarier mit solchen Informationen zu versorgen!

Meine Damen und Herren, dieser 1,5 Jahre dauernde Prozess, der ohne Frage leider notwendig war, hat Folgen für die Stadtwerke aber auch für die Stadt, insbesondere im finanziellen Bereich.

Darüber haben wir in den Gremien, insbesondere im Haupt- und Finanzausschuss nichts oder nur sehr wenig gehört. Und wenn ich auf der letzten HAFIA-Sitzung nicht 3 Fragen gestellt hätte, wäre dieser Deal ohne jegliche Diskussion genehmigt worden. So, wie immer: Wenn es um viel Geld geht, wird schnell durchgewunken, bei Kleinbeträgen wird unendlich lange diskutiert. Das ist nicht unsere präferierte Vorgehensweise.

Sie erinnern sich: Das BWB hatte zu Beginn des Verfahrens gefordert, dem Bürgermeister eine Task-Force aus allen Fraktionen zur Seite zu stellen, um ihn bei den Verhandlungen unterstützen zu können. Wurde mehrheitlich abgelehnt. Schade. Und so ist es nun so gekommen wie befürchtet: Monate, ja jahrelang hören wir vom Bürgermeister im Ausschuss, dass es nichts zu berichten gäbe und dann, kurz vor der Sommerpause muss eine Vorlage mit insgesamt 571 Seiten noch schnell durch die Gremien gedrückt werden. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass nicht schon viel früher Vertragsentwürfe existiert haben, über die man hätte diskutieren können. . Demokratisierung der Stadtwerke sage ich nur…Zur Demokratie gehört unweigerlich auch Transparenz. Die ist wieder einmal auf der Strecke geblieben.

Seltsamerweise stört diese intransparente Vorgehensweise offensichtlich aber nur die BWB-Fraktion. Die anderen Fraktionen scheint das nicht zu stören, Wir vom BWB lassen uns jedoch nicht zu Stimmvieh degradieren und erfüllen unseren Auftrag, den wir von den Wählern erhalten haben.

Bitte glauben Sie mir, da ist kein Stück Schadenfreude bei uns, dass Ihr Projekt „Demokratisierung der Stadtwerke“ – über die Sinnhaftigkeit dieses Slogans habe ich mich bereits geäußert-  nun kläglich gescheitert ist. Was uns einfach nur unsagbar ärgert ist die Tatsache, dass diese Aktion, deren finanzielle Ausmaße wir wie gesagt nicht kennen, überflüssig geworden wäre, wenn Sie sich damals mit unserer Kritik auseinandergesetzt hätten.

Vielleicht ist es aber jetzt einmal an der Zeit, es Herrn Flörke gleich zu tun, der in einem anderen Zusammenhang schon einmal an dieser Stelle, auch wenn es ihm sichtbar schwergefallen ist, zu sagen, dass wir Recht hatten. Viel wichtiger wäre es uns jedoch, wenn Sie Kritik oder Anregungen der BWB-Fraktion, von denen es ja nicht nur in dieser Causa genug gegeben hat und auch in Zukunft geben wird, nicht sofort ablehnen, nur weil sie vom BWB sind, sondern sich künftig damit konstruktiv kritisch auseinandersetzen. Damit wäre Ihnen, uns und vor allem der Stadt Wolfhagen sehr geholfen.

Denken Sie einmal darüber nach!

Wir werden jedoch unabhängig davon was sie sagen oder denken, zähneknirschend den Vorlagen zustimmen, um größeren Schaden als schon bereits entstanden ist, für die Stadt zu verhindern.