Stavo Oktober 2019: Rede Jens Kühle zu fehlenden Konzepten für Gewerbesteuer und Personalreduzierung
Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren!
Was ist ein Konzept? Nun, ich habe einmal im Duden nachgeschlagen. Dort steht:
„klar umrissener Plan, Programm für ein Vorhaben“.
Ich vermute, dass wir uns alle einig darüber sind, dass ein Konzept beschreibt, wie man ein Ziel, oder wie der Duden sagt, ein Vorhaben erreichen kann. Da- übrigens nicht nur ich- sondern auch insbesondere von der CDU, hier insbesondere in Person von Frau Schwarz, an dieser Stelle immer wieder kritisiert wird, dass seitens der Verwaltungsspitze eine gewisse Plan- und Ziellosigkeit festzustellen ist, haben wir uns im Rahmen der Haushaltsberatungen dazu durchgerungen, dem Bürgermeister eine Hilfestellung hinsichtlich eines Ziels zu geben, indem wir beantragt haben, er solle ein Konzept entwickeln, wie die Gewerbesteuereinnahmen perspektivisch auf 5 Millionen Euro pro Jahr zu steigern sind. Glücklicherweise, oder soll ich frei nach Helmut Flörke sagen, „der CDU sei Dank“ wurde dieser Antrag sogar von einer großen Mehrheit dieses Hauses angenommen. Was die SPD gegen mehr Steuereinnahmen OHNE die Steuersätze zu erhöhen, hatte, bleibt ihr Geheimnis. Was will man auch von einer Partei erwarten, die mittlerweile mit der 5 % Klausel zu kämpfen scheint.
Egal, der Bürgermeister bzw. der Magistrat hatte den Auftrag, ich wiederhole: den Auftrag des höchsten Gremiums der Stadt, der Stadtverordnetenversammlung, ein Konzept zu erstellen. Eigentlich eine schöne Aufgabe, könnte man meinen. Endlich mal nicht nach Sparpotenzial suchen, wo man den Bürgern eventuell weh tun muss, endlich mal keine Steuererhöhungen den Bürgern zumuten.
Was haben wir uns erhofft? Vielleicht eine Aufstellung über Steuereinnahmen aus den unterschiedlichen Gewerbegebieten oder Branchen, aus der man ableiten kann, welche Industrien besonders gewerbesteuerintensiv arbeiten. Oder unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung, auch das haben wir mit in den Antrag formuliert- eine Konzentration auf Gewerbe, welches diesen Wandel für sich als Marktlücke entdeckt hat? Vielleicht auch eine Konzentration auf mittelständische Betriebe statt auf überregional tätige, die den Großteil ihres Steueraufkommens nicht hier sondern an ihrem Stammsitz entrichten? Oder auch auf den Vorschlag, dass für eine Steigerung der Gewerbesteuer es notwendig ist, weitere Gewerbegebite zu erschliessen. In der letzten HAFIA-Sitzung haben wir ja gehört, dass im Flächennutzungsplan noch ein nicht erschlossenes Gewerbegebiet ausgewiesen ist.
Wir haben in der Antragsformulierung ganz bewusst darauf hingewiesen, dass die Belebung der Innenstadtt bei dem Konzept berücksichtigt werden sollte. Unser Gedanke war: Mehr Gewerbe, mehr Bevölkerung und damit die Möglichkeit dem demographischen Wandel entgegenzuwirken, mehr potenzielle Käufer für die Innenstadtgeschäfte.
Also, große Hoffnungen haben wir mit dem Antrag verbunden. Und was kam?
- Leider einmal mehr so gut wie nichts. Zusammenfassend steht in Ihrem Konzept:
- Aus der Innenstadt beziehen wir kaum Gewerbesteuer.
- Von der Gewerbesteuer, die wir einnehmen, geht ein Großteil als Umlage wieder weg.
- Außerdem lässt sich die Gewerbesteuer schlecht prognostizieren.
- Die Stadt hat keinen Einfluss auf die Gewerbesteuer.
- Wir machen so weiter wie bisher!
Und der Onlinehandel ist übrigens auch Schuld. Steht in einer Studie aus dem Jahr 2014!
Vielen Dank für die scharfsinnigen Argumente, aber: Das war nicht Ihr Auftrag. Der Auftrag war, ein Konzept zu entwickeln, wie die Gewerbesteuer auf 5 Mio Euro zu steigern ist. Das Konzept beschreibt, WIE ein Ziel zu erreichen ist.
Was Sie geliefert haben ist der peinliche Versuch, zu rechtfertigen, warum trotz Hochkonjunktur die Gewerbesteuereinnahmen in Wolfhagen seit Jahren stagnieren. Und genau das ist unser Problem, was uns schon in ein paar Wochen, wenn es um den Haushalt 2020 geht haben werden. Deshalb wage ich schon jetzt eine Prognose: Die Millionenobjekte Feuerwehrstützpunkt, Kläranlage usw müssen finanziert werden, es werden uns Mittel für Zins und Tilgung fehlen und sie werden mit dem Vorschlag kommen, wieder irgendwelche Steuern und Gebühren zu erhöhen, die unseren Standort unattraktiv machen.
Das, was uns hier geliefert wurde, ist ein erneutes Armutszeugnis und zeigt, dass unsere Stadt von Ihnen Herr Bürgermeister nicht gestaltet, sondern nur verwaltet wird, und das auch noch schlecht. Jeder Abteilungsleiter in einem mittelständischen Betrieb, der so etwas seinem Chef abgeliefert hätte, indem er sagt: Bringt alles nix, wir machen weiter wie bisher, hätte mindestens eine Abmahnung erhalten.
Anders ausgedrückt: Chance vertan. Schade für Wolfhagen.
Als es vorhin um das Konzept „Gewerbesteuereinnahmen auf 5 Millionen erhöhen“ ging, bezog sich unsere Kritik in erster Linie auf die inhaltlichen Dinge.
Hier bei dem übrigens auch vom obersten Souverän der Stadt, nämlich der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Auftrag an die Verwaltung, den Stellenplan auf 140 Stellen zu reduzieren, haben Sie auch formal den Auftrag, den Ihnen das Parlament gegeben hat, nicht umgesetzt:
Denn beim Gewerbesteuer-Antrag sagen Sie ja, wir machen so weiter und dann wird das schon. Aber hier? Sie liefern uns eine Ausarbeitung, in der steht, wann in welcher Abteilung wer in Rente geht und welche freiwilligen Leistungen wegfallen würden, wenn die Stelle nicht besetzt würde.
Ihr Auftrag war aber, ein Konzept zu entwickeln, wie die Verwaltung ihre Aufgaben mit ca. 10 Vollzeitstellen weniger erfüllen soll. Wo ist das Konzept? Natürlich müssen freiwillige Leistungen wegfallen, wenn es weniger Personal gibt. Aber auch diese Leistungsreduzierung lässt sich minimieren, wenn, wie nicht nur von uns gefordert, eine Optimierung der Verwaltungsprozesse endlich angegangen wird.
Was tun Sie? Sie schreiben uns eine Mail, in der Sie sogar zugeben, dass das kein richtiges Konzept ist und schieben den Ball zum Parlament zurück, indem Sie sagen, wir sollen einmal darüber nachdenken und diskutieren. Das kann doch wirklich nicht sein.
Mich stört es wahnsinnig, dass der Bürgermeister einmal mehr nicht den Auftrag, den ihm das Parlament gegeben hat, nicht umsetzt. Aber noch viel mehr stört mich, dass genau das offensichtlich nur die BWB-Fraktion stört. Zur SPD habe ich mich vorhin bereits geäußert. Für Sie ist seit jeher alles gut, was aus dem Rathaus kommt. Schön wäre es. Deshalb mein Appell an die CDU-Fraktion: Bitte unterstützen Sie unseren Antrag, diesen Antrag an die Verwaltung zurückzugeben, damit diese den Auftrag so, wie vom Parlament beschlossen, umsetzen kann.
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der von der Verwaltung vorgelegte Konzeptentwurf zur Reduzierung des Stellenplanes auf 140 Stellen wird nicht akzeptiert, weil der Beschluss Nr. 213 der Stadtverordnetenversammlung vom 21.3.2019 nicht umgesetzt wurde.
Der vorgelegte Entwurf ist bis zum 30.11.2019 dahingehend zu überarbeiten und der Stadtverordnetenversammlung zur Beratung vorzulegen, so dass ersichtlich wird, welche Stellen gestrichen und welche Leistungen gekürzt werden, um das Ziel, den Stellenplan auf 140 Stellen zu reduzieren, erreichen zu können.
Geposted von Jens Kühle am 4. November 2019