Stavo, 28.04.2011: Erhöhung der Magistratsmandate

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

als ich kürzlich diesen Umschlag aus dem Briefkasten heraus holte, war ich erst verwundert, warum ich Post von Frau X aus Kassel bekommen habe. Bei näherem Hinsehen stellte ich jedoch fest, dass es sich hierbei um den gebrauchten Umschlag –wahrscheinlich einer Bewerbung- handelte, in dem die Einladung und Tagesordnung zur heutigen Sitzung steckte. Meine Verwunderung schlug dann schnell in Bewunderung um, weil –und das meine ich sehr ernst- ich mir dachte: Die Verwaltung nimmt es ernst mit dem Sparen und verwendet gebrauchte Kuverts. Respekt.

Die Verwunderung kam jedoch schnell zurück, als ich den TOP 11 bezüglich des Antrags der CDU und der SPD zur Aufstockung der Magistratsmitglieder gelesen hatte. Als jemand, der die Wolfhager Stadtpolitik sehr aufmerksam verfolgt hat- meistens über die Lokalpresse- war ich einiges an Dreistigkeiten gewohnt, aber dass Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD nach ihren Wahlschlappen einmal schnell die Spielregeln zu Ihrem eigenen Vorteil so schamlos ändern wollen, habe selbst ich Ihnen nicht zugetraut.

Sie haben sicher das Wahlergebnis vom 27. März genau analysiert und festgestellt, dass nach Hare-Niemeyer- den hatten wir ja alle einmal in der Schule- der SPD und CDU bei  den derzeit 6 zu wählenden ehrenamtlichen Stadträten  jeweils 2, dem BWB und den Grünen jeweils 1 Magistratssitz zustünde. Das Problem der SPD jedoch wäre, dass sie so ihre absolute Mehrheit im Magistrat verlieren würde. Die Lösung erschien also einfach: Die Anzahl der Magistratsmitglieder muss erhöht werden, so dass die SPD 4, CDU 2 und BWB und Grüne jeweils 1 Sitz erhalten. Der Preis dafür war für die SPD jedoch hoch, die CDU hat den 1. Stadtrat für sich beansprucht. Die CDU nimmt dankend an und zahlt als Preis für diesen Deal den Rest ihrer Glaubwürdigkeit. Trotz der großen Einigkeit der Wolfhager Großen Koalition traut die SPD ihrem Juniorpartner nicht und sichert sich deshalb 4 Sitze, um die absolute Mehrheit im Magistrat zu behalten. Bitte, liebe Kollegen von der SPD, ersparen Sie uns jetzt das Märchen von der Unabhängigkeit des Bürgermeisters.

Meine Damen und Herren, fraktionsübergreifende Absprachen im Vorfeld einer konstituierenden Sitzung gehören sicher zum politischen Geschäft dazu. Wenn diese Absprachen jedoch nur zwischen 2 Fraktionen stattfinden und nur  mit dem einen Ziel, den Einfluss der anderen, von der Bevölkerung gewählten Fraktionen zu beschneiden, ist das Kungelei. Wenn diese Kungelei, wie Herr Flörke der Presse mitgeteilt hat, schon vor der Wahl sattgefunden hat, aber nicht veröffentlicht wurde, ist das für mich übelste Wählertäuschung. Die sogenannte „Demokratisierung der Stadtwerke“ musste unbedingt noch kurz vor der Wahl durch die Gremien gejagt werden, warum haben Sie dann den Wählern Ihre 5000 EURO teuren Pläne nicht auch vor der Wahl mitgeteilt? Das wäre ehrlich gewesen.

Wenn es nur um die Machterhaltungstriebe von SPD und CDU ginge, wäre das Ganze ja noch nicht einmal so schlimm. Allerdings kosten Ihre Ränkespiele die Wolfhager Bürger ca. 5000 Euro jährlich, also ca. 25000 Euro in der gesamten Legislaturperiode. Und jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren von SPD und CDU: Was hat sich seit dem Verkleinerungsbeschluss von 2004 an der finanziellen Situation der Stadt so positiv verändert, dass wir uns diesen Betrag jetzt leisten können? In 2004 haben Sie, und es sind noch viele von damals dabei,  auf Antrag der SPD über 3 Monate in 2 Stavo-Sitzungen und 2 Ausschusssitzungen beraten, wie Sie 10 000 Euro im Rahmen der Parlamentsarbeit einsparen können. Sie kamen zu dem Schluss, die Anzahl der Stadtverordneten und die der Magistratsmitglieder zu verkleinern. Wo sehen Sie den Spielraum dafür, die Hälfte der damals beschlossenen Einsparungen wieder zu opfern? Wenn es um Einsparungen geht, müssen Ausschüsse bemüht werden, wenn es darum geht, Geld auszugeben, ignorieren Sie die Geschäftsordnung, die besagt, dass bei Beschlüssen, die Geld kosten, eine Beratung in den Ausschüssen erfolgen soll.  Noch vor wenigen Wochen haben Sie aufgrund der desolaten Haushaltssituation den Bürgern der Stadt Steuererhöhungen zugemutet. Und heute nehmen Sie sich in Selbstbedienungsmentalität 5000 Euro aus der Stadtkasse, um Ihre Machtbedürfnisse zu befriedigen. Das ist aus Sicht des BWB ein skandalöses, den Wähler und Steuerzahler verachtendes Verhalten, welches Sie  uns auch noch unter dem Deckmantel der Demokratie verkaufen wollen.

Meine Damen und Herren Stadtverordnete, ich appelliere an Sie: Nehmen Sie Ihre Verantwortung gegenüber der Bevölkerung und gegenüber dem Geld, das uns die Steuerzahler anvertrauen an, und lehnen Sie diesen Antrag ab. Er ist das falsche Signal in Zeiten knapper Kassen gegenüber den Bürgern unserer Stadt.

Auf jeden Fall dürfen Sie nun wieder, wie schon im Wahlkampf, verbreiten, dass das BWB wieder „dagegen“ ist. Sie haben in diesem Fall meine ausdrückliche Genehmigung dazu. Ja, das BWB ist gegen Verschwendung von Steuergeldern, um die Machtbedürfnisse von CDU und SPD zu befriedigen. Ja, wir sind gegen die sinnlose Erhöhung der Verschuldung. Und deshalb lehnen wir den Antrag ab.