Stavo, 18.08.2011: Jens Kühle-Aufwandsentschädigungen

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Stadtverordnetenvorsteher!

Bitte lassen sie mich unsere Begründung mit zwei Zitaten aus einer Veröffentlichung des Bundes der Steuerzahler vom 3.11.2009 mit dem Titel „Was kostet die Kommunalpolitik“ beginnen. Dort heißt es zum einen:

„Je größer die Stadt, umso mehr gönnen sich die Kommunalpolitiker“.

Das kann man von Wolfhagen nicht behaupten, u. E. haben wir uns in der Vergangenheit auch als Kleinstadt eine ganze Menge gegönnt.

Zum anderen heißt es dort, und das ist das für uns Entscheidende:

„Angesichts der schwierigen Haushaltssituation in den meisten hessischen Städten erwarten die Steuerzahler Zurückhaltung und Sparsamkeit, wenn die Mandatsträger bei der Festsetzung von Entschädigungen und Fraktionszuschüssen in eigener Sache entscheiden.“

U. E. haben sich die Wolfhager Kommunalpolitiker in der Vergangenheit auch nicht gerade in Zurückhaltung geübt…

Meine Damen und Herren, in der 1. Stadtverordnetensitzung dieser Legislaturperiode wurde mit den Stimmen von CDU, SPD und Wolfhager Liste beschlossen, die Anzahl der ehrenamtlichen Stadträte von 6 auf 8, also um 33 % zu erhöhen. Die Kosten hierfür wurden von der Verwaltung mit ca. 5000 EUR angegeben. Offiziell begründet wurde diese Aufstockung mit dem erhöhten Arbeitsanfall der Magistratsmitglieder. Über die tatsächlichen Beweggründe dieser Aufstockung möchte ich heute nicht mehr sprechen…

Wir haben mit unserem Antrag eine Anregung der Wolfhager Liste aufgenommen, die Frau Hellmann in besagter 1. Stadtverordnetenversammlung angekündigt hatte, eine entsprechende Initiative zur Senkung der Aufwandsentschädigungen zu starten. Weil das bis heute nicht geschehen ist, haben wir uns nun dieser Sache angenommen.

Der Ansatz bei diesem Antrag- und das deckt sich mit unserem Selbstverständnis – ist es, vor dem Hintergrund der bekanntermaßen angespannten Haushaltssituation -sofern diese überhaupt bekannt ist- Kostensteigerungen, wenn irgend möglich zu vermeiden, bzw. wenn sie sich z. B. durch den Beschluss, die Anzahl der Stadträte zu erhöhen, nicht vermeiden lassen, an anderer Stelle, möglichst ohne die Bürger zu belasten, wieder einzusparen.

Durch die Erhöhung der Anzahl der Magistratsmitglieder von 6 auf 8 Personen sollten die Damen und Herren Stadträte nun auch  33 % weniger Arbeit als in der alten Legislaturperiode haben. Vor diesem Hintergrund halten wir eine Reduzierung der Aufwandsentschädigungen um ca. 20 % für die Stadträte nur folgerichtig, unter dem Strich handelt es sich hier sogar um eine, gemessen am Arbeitsaufwand,  relative Steigerung der Aufwandsentschädigung um ca. 13 %. Anders ausgedrückt: Weniger Arbeit bei etwas weniger Geld!

Ich habe eben von verursachungsgerechter Einsparung gesprochen, deshalb müssen wir Stadtverordnete auch bei uns selbst schauen, schließlich haben wir ja den Beschluss gefasst und sind sozusagen mitverantwortlich für die Kostensteigerung. Ja, wir vom BWB auch, schließlich ist es uns nicht gelungen, Sie von diesem Vorhaben abzuhalten. Dem entsprechend halten wir die Senkung der jährlichen Aufwandsentschädigung für Stadtverordnete von derzeit jährlich  80 EUR auf 65 EUR für gerechtfertigt, das entspricht einer Reduzierung des Aufwandes für die Stadt und damit für alle Steuerzahler um knapp 19 %. Den Stadtverordnetenvorsteher, seine Stellvertreter und letztlich auch die Fraktionsvorsitzenden wollen wir auch nicht aus der Verantwortung entlassen, so ergeben sich die Ihnen vorliegenden neuen Beträge, die alle einer Reduzierung von knapp 20 % entsprechen.

Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass in der 1. Stadtverordnetenversammlung ebenfalls eine Aufstockung der Ausschussmitglieder beschlossen wurde, die ebenfalls Kosten verursacht. Vor diesem und den eben genannten Hintergründen halten wir eine Senkung der monatlichen Aufwandsentschädigung der Ausschussvorsitzenden um ebenfalls knapp 20 % für angebracht.

Insgesamt ergibt sich nach unserer Berechnung ein Einsparpotenzial von knapp 6000 EUR, damit wäre die von der Verwaltung angegebene Kostensteigerung durch die Aufstockung der Magistratsmitglieder in Höhe von 5000 EUR überkompensiert.

Wem das als Begründung nicht reicht, dem empfehle ich einmal einen Blick über die Stadtgrenzen hinaus. Die HNA hat ja bereits festgestellt, dass die Wolfhager Stadtverordneten in Bezug auf das Sitzungsgeld die- entschuldigen Sie bitte den nicht ganz ernst gemeinten Ausdruck-  „Top-Verdiener“ sind. Ich habe das einmal zum Anlass genommen, mir die Entschädigungssatzungen anderer nordhessischer Kommunen anzuschauen und bin dann doch überrascht worden.

Warum?

Sie werden mir sicherlich Recht geben, wenn ich behaupte, dass die Stadt Hofgeismar durchaus mit der Stadt Wolfhagen vergleichbar ist. Nur einige Beispiele: Der Stadtverordnetenvorsteher in Hofgeismar erhält 75 EUR monatlich (WOH: 155 EUR), Fraktionsvorsitzende erhalten 40 EUR zzgl. 5 EUR je Fraktionsmitglied. Ein Vorsitzender einer 15-köpfigen Fraktion in Hofgeismar erhält demnach 115 EUR (WOH 155 EUR). Selbst ein Blick nach Kassel, das  gem. dem Bund der Steuerzahler in dieser Beziehung als sehr sparsam gilt, lohnt sich für einen Vergleich: So bekommt dort der Stadtverordnetenvorsteher 300 EUR. Geht man davon aus, dass Kassel ca. 15 x größer ist als Wolfhagen, empfinde ich die Wolfhager Aufwandsentschädigung in Höhe von 155 EUR als unverhältnismäßig hoch.

Also besteht auch vor dem Hintergrund des Vergleiches mit anderen Kommunen Handlungsbedarf!

Meine Damen und Herren, von Seiten der Politik wird immer wieder das Engagement  der Bürgerinnen und Bürger für das Ehrenamt gefordert. Es gibt außerhalb der Kommunalpolitik sehr viele Menschen in Wolfhagen und Stadtteilen, die sich ehrenamtlich in Vereinen, Organisationen etc. mit z. T. auch erheblichem Zeitaufwand engagieren, OHNE auch nur einen Cent Aufwandsentschädigung zu erhalten. Ich denke da nicht nur an die oft zitierten Feuerwehrleute, sondern auch an die vielen Übungsleiter in Sportvereinen, und alle anderen, die ihre Freizeit für ein Ehrenamt opfern, z. B. um Pflegearbeiten in einem Stadtteil zu übernehmen, weil die Stadt es nicht schafft, und, und, und. Wir wissen alle, dass die 5 oder 6000 EUR, die wir hier durch Zustimmung zu unserem Antrag einsparen können, den Gesamthaushalt nicht sanieren werden. Darum geht es auch nicht allein. Es geht hier vielmehr um eine Signalwirkung:

Bitte lassen sie uns den ehrenamtlich tätigen  Menschen und letztlich der gesamten Bevölkerung das Signal geben, dass wir Kommunalpolitiker in Zeiten knapper Kassen auch bereit sind, bei uns selbst zu sparen und sorgsam mit dem Geld der Steuerzahler umgehen.

Zum Schluss noch eine Bitte:

Bitte beantragen Sie nicht, diesen Antrag in den Haupt- und Finanzausschuss zu verweisen. Das ist bei dem Antrag zur Aufstockung der Magistratsmitglieder im April auch nicht geschehen, obwohl dies gemäß unserer Geschäftsordnung aufgrund seiner finanziellen Auswirkungen erforderlich gewesen wäre. Denn wenn wir Anträge, die einen Mehraufwand bedeuten NICHT in den Ausschuss zur weiteren Beratung verweisen, Anträge, die in der gleichen Angelegenheit Einsparungen bedeuten aber doch, machen wir uns vor der Bevölkerung nur unglaubwürdig.

Ich bitte Sie weiter: Springen Sie über Ihren Schatten, nehmen Sie Ihre Verantwortung für die Stadt und für die Glaubwürdigkeit der Stadtverordnetenversammlung wahr und stimmen diesem Antrag zu, auch wenn er vom BWB gestellt wurde!

Anmerkung der Redaktion:

Und dieser letzte Satz begründet sehr wahrscheinlich die Ablehnung des Antrages in der anschließenden Abstimmung – dem Antrag konnte nicht zugestimmt werden, wei er vom BWB kam.