Stavo am 23.03.2017: Jens Kühle

Haushalt 2017

Bitte erlauben Sie mir zuerst einen kleinen Rückblick: Vor fast genau einem Jahr haben wir an gleicher Stelle den Haushalt 2016 beraten und- mit Mehrheit abgelehnt. SPD und BWB befanden den Haushalt konzeptlos, die Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes und der Grundsteuer erschien den beiden eben genannten Fraktionen nicht gerecht. Die SPD-Fraktion stimmte zudem dem Antrag der BWB-Fraktion zu, wonach bei den Sach-und Dienstleistungen 10 %, also ca. 500.000 Euro einzusparen seien. Darüber hinaus wurde der Bürgermeister-ebenfalls von BWB und SPD aufgefordert, 150.000 Euro für Wirtschaftsförderung einzuplanen.

Das war VOR der Kommunalwahl.

Bereits einen Monat später erfolgte eine grandiose Rolle rückwärts der SPD, von den eben genannten Maßnahmen wollte sie nichts mehr wissen, der vorgelegte Entwurf des Bürgermeisters mit den angesprochenen Steuererhöhungen wurde nahezu 1:1 von SPD und CDU akzeptiert. Von Einsparungen und Wirtschaftsförderung war nun keine Rede mehr.

Das war NACH der Kommunalwahl. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Aufgrund fehlender Jahresabschlüsse wurde der Haushalt erst im September von der Kommunalaufsicht genehmigt mit der Konsequenz, dass aufgrund der vorläufigen Haushaltsführung kaum investiert werden konnte. Die Planwerte, und hier meine ich insbesondere den geplanten Überschuss, wurden trotzdem verfehlt. Die Schulden blieben nahezu unverändert auf Rekordniveau.

Meine Damen und Herren, dieser kleine Rückblick war deshalb erforderlich, weil die eben beschriebene negative Entwicklung aus 2016 den Haushalt 2017 maßgeblich beeinflusst hat. Dazu gleich mehr.

Bevor der Bürgermeister den Haushaltsentwurf für 2017 im November letzten Jahres einbrachte, hat die BWB-Fraktion beantragt, dass bei der Aufstellung des Haushalts bestimmte Vorgaben wie z. B. eine Reduzierung der Kosten für Sach-und Dienstleistungen, sowie eine Reduzierung der Schulden berücksichtigt werden sollten. Also genau das, was wenige Monate zuvor mit den Stimmen der SPD für den Haushalt 2016 beschlossen wurde. Die SPD hat jedoch auch diesmal einstimmig gegen eine solide Finanzpolitik gestimmt. Was ist passiert? Die Ursache liegt wohl darin, dass die SPD Wolfhagen mittlerweile einen Hinterbänkler zum Vorsitzenden gewählt hat und damit leider den Kurs der finanzpolitischen Solidität verlassen hat. Der neue Vorsitzende muss wohl über magische Kräfte verfügen, denn es ist ihm offenbar gelungen, dass sich die SPD-Fraktion einer kollektiven Gehirnwäsche unterzogen hat, denn die SPD-Kollegen haben innerhalb eines guten halben Jahres ihre Meinung zur Finanzpolitik in Wolfhagen um 180 Grad gedreht. Das finden wir höchst bedauerlich. Denn das Ergebnis ist das, was wir heute zu beschließen haben, nämlich ein Haushalt, der wieder einmal keine Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung setzt, der wieder einmal die Bürgerinnen und Bürger Wolfhagens einseitig belastet, der wieder einmal einen exorbitant hohen Schuldenstand aufweist und der wieder einmal keinen Sparwillen bei den Verwaltungskosten erkennen lässt.

Das ist insbesondere auch deshalb sehr schade, weil in den Sondierungsgesprächen nach der Kommunalwahl sowohl die SPD als auch die CDU eindeutig zu erkennen gegeben haben, dass es finanzpolitisch so nicht weitergehen kann. Nun, wir haben sehr schnell erkannt, dass es der CDU bei diesen Gesprächen lediglich um Posten und nicht um die Sache ging. Ehrlich gesagt haben wir mehr von der CDU auch nicht erwartet. Aber von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD sind waren wir dann doch sehr enttäuscht. Selbst die von Ihnen selbst entworfenen und absolut richtigen haushaltspolitischen Grundsätze wollten Sie nicht mehr ins Parlament einbringen. Immerhin haben Sie dann, als wir sie einbrachten, nicht dagegen gestimmt. Das lässt noch ein wenig hoffen. Schauen wir mal.

Nun einmal konkret zum vorgelegten Haushalt. So ein Haushaltsentwurf ist ja ein monströses Zahlenwerk. Das muss nun einmal so sein. Er kann und muss aus unserer Sicht aber auch ein Instrument sein, aus dem hervorgeht, wohin es mit der Stadt in Zukunft hingehen soll. Man könnte auch von einer Handschrift desjenigen sprechen, der unser Stadt GESTALTEN will. Leider ist der uns vorgelegte Entwurf nur ein Zahlenwerk ohne Handschrift. Man kann richtig erkennen, wie ungern der für den Haushalt verantwortliche (der Bürgermeister) sich nicht damit beschäftigen will, dass er die Aufstellung eines Haushalts lediglich als notwendigen Verwaltungsakt betrachtet. Ziel-und konzeptlos.

  • Wo sind die Impulse für Wirtschaftswachstum?
  • Ist Wolfhagen ein Industriestandort?
  • Ist Wolfhagen ein Handel-und Gewerbestandort?
  • Eine Einkaufsstadt?
  • Wo ist das Konzept zur Vermarktung unserer vielen Gewerbeflächen?
  • Gibt es ein Konzept zur Belebung der Innenstadt?
  • Ist Wolfhagen eine familienfreundliche Stadt?
  • Wie reagiert Wolfhagen auf den demografischen Wandel?
  • Gibt es eine Zukunft für Tourismus?
  • Wann erreichen wir endlich finanzielle Stabilität?

Antworten auf diese Fragen konnte ich beim besten Willen nicht erkennen, wenn dann lauten die Antworten „nein“. Es reicht auch nicht aus, jedes Jahr aufs Neue auf den Einband des Haushaltes „Energieeffiziente Stadt“ und „Ab in die Mitte“ zu schreiben. Vielmehr wäre ein Gesamtkonzept von Nöten, was auch in diesem Jahr nicht vorliegt. Wolfhagen wird leider weiterhin nur verwaltet und leider nicht gestaltet.

Nur ein Beispiel für die Konzeptlosigkeit: Als der Bereich Tourismus in den unendlichen HAFIA-Sitzungen vorgestellt wurde bekamen die Mitglieder dieses Ausschusses das Ziel dieses Bereiches präsentiert: „Beitritt zur touristischen Arbeitsgemeinschaft Habichtswald“. Fragen? Ich hätte für diesen Bereich ein Ziel wie z. B. „Steigerung der Übernachtungszahlen“ oder ähnliches erwartet. Aber wenn die für Tourismus zuständige Abteilung im Rathaus für sich das Ziel definiert, einer Arbeitsgemeinschaft beizutreten wird zum ersichtlich, wie ziel-und führungslos es im Rathaus zugeht. Das ist Ihre Verantwortung, Herr Bürgermeister. Wenigstens ein Zielbild sollten sie doch vorgeben können, an dem sich alle Abteilungen und Teilhaushalte orientieren können. Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal grundsätzlich auf die Beratungen im HAFIA eingehen: Wer von den Haushaltsberatungen erwartet, ein strukturiertes Bild über die Finanzen der Stadt zu erhalten, wird bitter enttäuscht. Vielmehr wird ein insgesamt fast tausend Seiten langer Powerpoint-Film abgespult, der sich sehr detailliert mit jeder Abteilung des Rathauses beschäftigt. „Dringend notwendige“ Investitionen wie z. B. eine Motorsäge für ca. 250 Euro werden sehr ausführlich dargestellt und diskutiert. Die HAFIA-Sitzungen bilden zudem alljährlich ein wunderbares Podium für den einen oder anderen Selbstdarsteller. Sehr gespannt war ich dann, als das HSK beraten werden sollte. Der Bürgermeister stellte es ungefähr so vor: „Wir müssen die Kindergarten- und Abwassergebühren sowie die Hundesteuer erhöhen. Details entnehmen Sie den Unterlagen“. Keine Poweroint-Präsentation, keine Details, keine Beratung. Innerhalb von ca. 3 Minuten wurde dieses Werk, dass Wolfhagen in die Lage versetzen soll, künftig wieder finanziellen Spielraum zu erlangen, ohne Diskussion beschlossen. Wenn dann aber einmal Nachfragen, z. B. bezüglich der Berechnungsgrundlage für die Erhöhung der Abwassergebühren kommen, passiert folgendes: Einige Ausschussmitglieder verdrehen die Augen, weil es doch schon nach 21 Uhr ist und man dachte, es dauere heute nicht so lange und bestimmte Rathaus-Vertreter geben einem zu verstehen, dass man für solche Nachfragen kein Verständnis hat. Herr Bürgermeister, sie sollten den einen oder anderen Kollegen mal erklären, wie der politische Willensbildungsprozess funktioniert und dass das Budgetrecht beim vom Volk gewähltem Parlament, also bei der Stadtverordnetenversammlung liegt und nicht im Rathaus.

Zum Haushaltentwurf selbst: Ich muss Ihnen Herr Bürgermeister zugestehen, dass im Gegensatz zu früheren Entwürfen die Planung in diesem Jahr durchaus realistisch erscheint. Ich glaube sogar, dass ein Überschuss von knapp 800.000 Euro erreichbar ist. Woran liegt das? Offensichtlich an einem gewissen Umdenken im Rathaus. Nachdem wir und speziell ich ja früher immer als die Schlechtredner Wolfhagens verschrien wurden, wenn wir die Finanzsituation ungeschminkt dargestellt haben, hat man jetzt wohl akzeptiert, dass es keinen Sinn macht, irgendwelche utopischen Zahlen, insbesondere bei den Gewerbesteuereinnahmen auf das Papier zu schreiben. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass hier früher eine Zielwertsuche betrieben wurde. Ungefähr so: Wenn der Haushalt nicht ausgeglichen oder der Überschuss zu niedrig ausgefallen ist, wurden die Gewerbesteuereinnahmen hochgeschraubt bis auf über 5 Millionen Euro, Hauptsache, es passt irgendwie. Papier ist ja geduldig. Das böse Erwachen kam dann meistens nach dem ersten oder zweiten Quartalsbericht, wenn sich die Erwartungen nicht erfüllt haben. Diesen Lernprozess haben Sie vollzogen, herzlichen Glückwunsch. Für die nächsten Jahre plant Wolfhagen also mit Gewerbesteuereinnahmen von jeweils 4 Mio Euro. Aber hier schließt sich gleich die nächste Kritik an. Utopisch sind 5 Mio EUR Gewerbesteuerertrag dann, wenn so weiter gemacht wird wie bisher. Und jetzt sind wir wieder bei der Konzeptlosigkeit: Warum wird nicht einmal ein Konzept entwickelt, wie die Einnahmen in z. B. 5 Jahren kontinuierlich auf 5 Mio Euro wachsen. Das klappt natürlich nicht einem schmalen Budget für Wirtschaftsförderung. Deshalb haben wir ja im letzten Jahr beantragt, 150.000 Euro für lokale Wirtschaftsförderung einzuplanen, wie schon gesagt mit den Stimmen der SPD. Damals. Deshalb tun wir das auch heute wieder.

Zum Stellenplan: Wir leisten uns nun noch einen zusätzlichen Feuerwehrgerätewart, der sich angeblich zu 90 % selbst finanziert. Ich bin gespannt, was passiert, wenn die umliegenden Feuerwehren künftig ihre Schläuche nicht mehr in Wolfhagen reinigen. Dann liegt das Risiko zu 100 % bei uns. Oder ist die Stelle etwa befristet? Ich vermute nicht. Insgesamt könnte man meinen, dass wir in Wolfhagen auf dem Weg zur Berufsfeuerwehr sind. Sie und Herr Brunst machen das schon. Des Weiteren werden 2 nicht besetzte Azubi-Stellen in die Kämmerei verschoben, um dort eine weitere Stelle zu schaffen, die für Entlastung sorgen soll. In diesem Zusammenhang frage ich mich erst einmal, warum sich auf die Azubi-Stellen niemand beworben hat. Spricht ja nicht unbedingt für die Stadt Wolfhagen als Arbeitgeber. Die Krönung in Sachen Stellenplan war dann aber der Versuch, dem Ausschuss noch eine weitere Stelle in der Kämmerei unter zu schieben. Die Begründung lautete in etwa so: „Wir sind total überlastet“. Keine schriftliche Vorlage über Arbeitsaufwand, zusätzliche Aufgaben, Zeitbedarf, Kosten, Nutzen für die Abteilung. Keine Powerpoint-Präsentation wie für die Motorsägen, sondern nur die mündliche Aussage „Wir sind überlastet“. Herr Bürgermeister, früher mag das so funktioniert haben. Da wurden mal schnell im Handstreich fünfstellige Summen durchgewunken. Aber sie wissen doch, dass Ihnen seit nunmehr 6 Jahren durch das BWB auf die Finger geschaut wird. Warum kommen Sie dann so unvorbereitet in eine Sitzung? Zum Glück hat die Mehrheit der Ausschussmitglieder das genau so gesehen. Insgesamt steigen die Personalkosten auf ca. 8 Mio Euro. Wir finden das eindeutig zu hoch. Wir sind überzeugt davon, dass durch eine bessere Organisation der Verwaltung, die für bessere und effizientere Abläufe sorgt, das gestiegene Arbeitsaufkommen OHNE zusätzliche, wahrscheinlich sogar mit weniger Personal zu bewältigen ist. Dazu bedarf es natürlich auch hier eines Konzeptes. Mit der jetzigen Organisation sind wir gerade einmal in der Lage, die Stadt zu verwalten. Zur Gestaltung Wolfhagens, um im Standortwettbewerb mit anderen Kommunen mitzuhalten, jedoch nicht. Wie gesagt, wir brauchen ein Konzept. Das ist Ihre Verantwortung, Herr Bürgermeister, nicht die des Parlamentes. Ich bin aber überzeugt davon, dass alle Fraktionen Sie dabei unterstützen würden. Unabhängig davon fordern wir einen Einstellungsstopp, um die Personalkosten nicht noch weiter ausufern zu lasen.

Zur Schuldensituation: Meine Damen und Herren, ich habe in Vorbereitung auf diese Sitzung viel im Internet recherchiert. Da stößt man ja auch unweigerlich auf die sozialen Medien. In diesem Zusammenhang kann ich jedem nur empfehlen, einmal den ein oder anderen facebook account des einen oder anderen Mandatsträgers anzuschauen. Was man da zu lesen oder auch zu sehen bekommt ist zum Teil sehr unterhaltsam. Ein Facebook User z. B. versteht nicht, wie das BWB auf knapp 38 Mio EUR Schulden der Stadt Wolfhagen kommt. Deshalb erhalten Sie jetzt hier eine kleine Nachhilfeeinheit in Sachen Grundrechenarten. Also, aufgepasst, auch in der letzten Reihe: Der Bürgermeister plant mit 24,5 Millionen Euro langfristigen Verbindlichkeiten, aufgerundet 25 Mio. Der Kassenkredit wird zum Ende des Jahres 12,5 Mio Euro betragen. Macht zusammen, richtig 37,5 Mio Euro Schulden, aufgerundet 38 Mio. Wenn man natürlich den Kontokorrentkredit nicht als Schulden betrachtet, kommt man „nur“ auf knapp 25 Millionen. Ich hoffe nur, dass der angesprochene Rechenkünstler bei seinen privaten Finanzen besser rechnet. Es ist aber auch egal, ob es 37, 38 oder 35 Millionen Euro Schulden sind, unter dem Strich sind es mindesten 10 Mio Euro zu viel. Schulden belasten die nächste Generation und sind deshalb unsozial. Wir fragen uns auch, wo die knapp 1 Mio Euro aus den Erlösen des Grundstücksverkaufs der Gewerbeflächen im Hiddeser Feld sich wiederfinden. Anders ausgedrückt: Trotz 1 Mio Euro Verkaufserlösen verharren die Schulden auf dem viel zu hohen Niveau. Da stimmt was nicht!

Zum Haushaltssicherungskonzept: Wir wissen alle, dass eine Kommune ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen muss, wenn sie ein Defizit erwirtschaftet oder in der Vergangenheit erwirtschaftet hat. Leider wurde in Wolfhagen in der Vergangenheit viel zu häufig ein Defizit erwirtschaftet. Da zwischen der Planung und der Realität in Wolfhagen wie eingangs schon erwähnt leider Welten liegen, müssen wir mittlerweile 6 Millionen Euro aus den vergangenen Jahren aufholen. Ich wiederhole: 6 Millionen Euro! So weit, so schlecht. Die Verantwortung für dieses 6 Millionen-Loch, das haben wir ja von Herrn Schaake schon oft gehört, liegt nicht beim Rathauschef, der den Haushalt aufstellt, sondern bei der bösen Konjunktur, die überall im Land brummt, eben nur nicht in Wolfhagen, wenn man die Gewerbesteuer als Indikator für die Wirtschaftsentwicklung heranzieht, was der einzig vernünftige Indikator ist. Zum Stopfen dieses 6 Millionen Lochs gibt es 2 Möglichkeiten:

  1. Einnahmen steigern.
  2. Sparen bei der Verwaltung

Einnahmen kann man auf zweierlei Weise steigern. Entweder man sorgt dafür, dass die Steuereinnahmen z. B. durch Ansiedlung von mehr Gewerbetreibenden steigen-das ist die gute Variante, erfordert aber ein entsprechendes KONZEPT-, oder man dreht an der Gebühren- und Steuerschraube- das ist die schlechte Variante, weil sich dann wenig neues Gewerbe ansiedelt und die Gefahr besteht, dass Betriebe aufgeben oder die Stadt verlassen. In Wolfhagen wird aber seit Jahren nur die schlechte Variante gewählt. Hundesteuererhöhung zum zweiten Mal, letztes Jahr Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatz- und Grundsteuererhöhung, und dieses Jahr schreckt der Bürgermeister noch nicht einmal davor zurück, die Kindergartengebühren zu erhöhen. Letztlich werden auch noch die Abwassergebühren erhöht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die gewünschten Effekte hinsichtlich der Mehreinnahmen eintreten können, der Effekt wird aber nur kurzfristig wirken und langfristig der Stadtentwicklung schaden..

Die Gewerbesteuer wird mit 4 Millionen Euro veranschlagt, das sind 300 TEUR weniger als letztes Jahr, trotz Erhöhung des Hebesatzes. Also rechnen Sie für 2017 mit weniger Einnahmen als letztes Jahr, obwohl Sie den Hebesatz letztes Jahr erhöht haben. Und genau das ist die Bestätigung dessen, was ich eben beschrieben habe. Nämlich: Die Wirtschaftskraft in Wolfhagen sinkt, obwohl in Deutschland und Hessen die Konjunktur brummt. Das können Sie übrigens auch beim statistischen Landesamt schwarz auf weiß nachlesen: Im Ranking der gut 400 Gemeinden in Hessen belegt Wolfhagen, wenn man die Entwicklung des Gewerbesteueraufkommens von 2013-2016 betrachtet den Rang 335 mit – 6%. Ja, es gibt schlechtere Gemeinden aus Nordhessen wie z. B. Grebenstein und Espenau, aber sollten wir uns daran orientieren? Besser doch nicht. Wir müssen uns auch nicht an Bad Orb mit einer Steigerungsrate von über 1000 % orientieren, aber doch vielleicht an Habichtswald mit dort erreichten Steigerung von 168 % oder an Witzenhausen, die eine gute Verdopplung der Gewerbesteuereinnahmen zwischen 2013 und 2016 erreicht hat. In Wolfhagen sinken also die Gewerbesteuereinnahmen trotz guter landesweiter Konjunktur. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn der bundesweite Konjunkturmotor einmal ins Stottern gerät…

Gleiches gilt für die Kindergartengebühren: Seit Jahren schrumpft die Einwohnerzahl in Wolfhagen. Das liegt am demografischen Wandel, den, da gebe ich Ihnen Recht, Herr Schaake, Sie nicht aufhalten können. Dafür sind Sie auch nicht verantwortlich. Sie könnten ihn aber abmildern, indem Sie Wolfhagen attraktiv für neue Bürger mit Kindern machen. Aber doch nicht durch die Erhöhung von Kindergartengebühren. Viele Familien werden ca. 50 Euro im Monat, also 600 Euro im Jahr mehr bezahlen müssen. Das ist nicht nur unsozial, das schwächt auch die Kaufkraft um 600 Euro je Familie. 600 Euro je Familie die weniger-auch in Wolfhagen- ausgegeben werden können. Das heißt, die Erhöhung der Kindergartengebühren wird auch einen Effekt auf die Gewerbesteuer haben. Die Formel dafür ist ganz einfach: Höhere Gebühren-weniger Kaufkraft-weniger Umsatz-weniger Gewinn-weniger Steuern. Sie schlagen also genau den falschen Weg ein. Zum Thema Kindergartengebühren ein Zitat: „Kita-Gebühren sind Bildungsbarrieren!“

Das habe ich von der Homepage der hessischen SPD. Zitiert wird der Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. Liebe Kollegen von der SPD: Sie machen sich doch unglaubwürdig, wenn Sie auf Landesebene für gebührenfreie Kindergärten werben und Unterschriften sammeln und hier vor Ort genau umgekehrt agieren. Das ist doch keine seriöse Politik. Niemand erwartet von der Stadt Wolfhagen, die Kindergartengebühren abzuschaffen. Aber niemanden ist geholfen, wenn der schwarze Peter nach Wiesbaden geschoben wird und Sie hier Familien mit 600 Euro im Jahr zusätzlich belasten.

Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die BWB Fraktion ein Bürgerbegehren gegen diese unsoziale Gebührenerhöhung erwägt, wenn denn die Mehrheit heute für eine Erhöhung der Kindergartengebühren stimmt.

Richtig perfide ist die Erhöhung der Abwassergebühren. Um hier dem Bürger in die Tasche zu greifen, wird die Kalkulation einfach verändert, indem der kalkulatorische Zins in Zeiten der Niedrigzinsphase nach oben verändert wird. Meine Damen und Herren, das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die Ihnen auch niemand abnimmt. Ich bin gespannt, was bei der rückwirkenden Betrachtung der Gebühren herauskommt, wenn die Zinsen dann immer noch auf dem niedrigen Niveau liegen. Dann muss ja logischerweise den Bürgern zu viel gezahlte Gebühren zurückerstattet werden. Haben wir dann das Geld? Wie sicher sind Sie, dass aufgeklärte Bürger das sich nicht gefallen lassen und gegen die Erhöhung klagen?

Die zusätzlichen Einnahmen sollen also ausschließlich dadurch gesteigert werden, indem Gebühren und Steuern erhöht werden. Dieser Effekt kann kurzfristig sogar greifen, mittel-und langfristig sägen wir uns aber den Ast ab, auf dem wir sitzen, weil die Erhöhungen den Standort Wolfhagen schwächen, neues Gewerbe sich nicht ansiedeln wird und immer mehr junge Leute Wolfhagen verlassen werden.

Über die zweite Möglichkeit, das 6 Millionen Loch zu stopfen, haben wir aber noch gar nicht gesprochen. EINSPARUNGEN!!! Nach wie vor ein Fremdwort im Rathaus. Im Rahmen meiner Internet-Recherche bin ich darauf gestoßen, dass das BWB angeblich keine Einsparvorschläge macht. Das ist Humbug. Hier ein paar Beispiele von BWB-Vorschlägen aus der Vergangenheit:

  1. Kulturzelt Nein, wir wollen das Kulturzelt nicht abschaffen. Aber können wir es uns erlauben, einem ehemaligen Stadtjugendpfleger mit einem Beratungshonorar von ca. 30.000 Euro pro Jahr auszustatten?
  2. Neujahrsempfang: Kostet die Stadt jährlich ca. 10-15 TEUR.
  3. Anzahl der Magistrats-und Ausshussmitglieder: Wurde 2011 erhöht, weil SPD und CDU sonst auf einen Sitz hätten verzichten müssen. Zusätzliche Kosten: 5 TEUR
  4. Senkung der Aufwandspauschalen Wurde von uns mehrfach beantragt. Einsparpotenzial: 5 TEUR

Wenn jetzt auch die letzte Reihe richtig mitgerechnet hat, kommen wir hier auf ca. 55 TEUR pro Jahr, das ist knapp die Hälfte von dem, was Sie sich von den Kindergartengebührenerhöhungen erwarten. Es handelt sich bei den eben genannten Punkten durchweg um Sparvorschläge der BWB-Fraktion, die mit den Stimmen von CDU und SPD abgelehnt wurden, die der Bevölkerung nicht weh tun würden. Insofern ist die Aussage des Bürgermeisters, dass es kein Sparpotenzial gäbe, ohne Leistungen für die Bevölkerung einzuschränken schlichtweg-gelogen. Und ich behaupte, es gibt noch viel mehr Potenzial… Genau so ist die Behauptung, das BWB würde nie Sparvorschläge unterbreiten spätestens hiermit widerlegt. Wer will, möge die Sitzungsprotokolle bemühen.

Es gibt aber noch weitere Beispiele für Sparpotenzial:

Wolfsschänke: Wir geben einem noch zu gründenden Verein 60 TEUR mal eben so und wollen auf der anderen Seite Familien belasten? Wie wollen Sie das den Eltern erklären? Nicht mit uns! Mit der Einstellung dieser Maßnahme wäre bereits die Hälfte von dem erreicht, was Sie sich durch die Kindergartengebührenerhöhung erhoffen.

Schuldenabbau: Bei 2 Millionen Euro weniger Schulden sparen wir ca, 40.000 Euro Zinsen p. a. Also: Schuldenbremse auch in Wolfhagen endlich umsetzen! Übrigens: ist Ihnen eigentlich bewusst, welches Risiko der Wolfhager Schuldenberg in sich trägt? Bei einem Zinsanstieg von nur einem halben Prozent steigt die jährliche Zinsbelastung um 125.000 Euro p.a.

Bahnhof: Statt dem türkischen Kulturverein mit 70.000 Euro zu unterstützen, sollten wir lieber Familien Kindergartengebührenerhöhungen ersparen. Das käme übrigens auch türkischen Familien zu Gute. 70.000 Euro Sparpozenzial!

Feuerwehr-Stützpunkt: Bei einem geplanten Eigenanteil der Stadt von 8 Mio Euro bedeutet das einen zusätzlichen Zinsaufwand von 160.000 Euro p. a. Können wir uns das leisten? Ich habe nicht einmal gelesen, dass der alte Standort die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr beeinträchtigt. Können wir uns in diesen Zeiten einen neuen Feuerwehr-Stützpunkt leisten? Die Schulden steigen mit diesem Prunkbau übrigens auf 25+12,5+8 Mio auf, na? Richtig 45,5 Mio Euro!

Sach-und Dienstleistungen: Ich sagte ja bereits, dass ich in letzter Zeit viel Internet-Recherche betrieben habe. Dabei bin ich auf folgende, interessante Forderung gestoßen. Zitat: „5% (= ca. 500.000€) Reduzierung der Sach- und Dienstleitungen (=Dienstleitungen externer Partner, Berater, Gutachter, Anwaltskosten etc.)“ Haben Sie es erkannt, werte Kollegen von der SPD-Fraktion? Richtig, das war ein Zitat von Ihrer Homepage. www.spd-wolfhagen.de, Rubrik „Unser Programm“, Untermenü „Finanzen der Stadt“. Da sind wir ganz bei Ihnen. Insbesondere zu den Beraterkosten möchte ich noch etwas sagen: In der letzten HAFIA-Sitzung hat ein Mitarbeiter der Unternehmensberatung Schüllermann und Partner die Berechnung der Kosten für die Entwässerungssatzung erläutert. Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, es kann doch wirklich nicht angehen, dass wir für so eine Aufgabe externe Berater beauftragen müssen, oder? Was der Berater gemacht hat ist nichts anderes, als sich die Kosten aus dem SAP-Programm zu holen, zu verteilen und in ich gebe zu, in eine nicht ganz triviale Excel-Tabellen zu übertragen. In der Kämmerei sitzt ein Diplom-Kaufmann und ein erfahrener Kämmerer und wir leisten uns den Luxus, eine Gebührenkalkulation für einen Tagessatz von sicher nicht unter 1000 Euro an externe Berater auszulagern? Und damit nicht genug, der Berater wird dann auch noch engagiert, um die Kalkulation im HAFIA zu erläutern. Noch nicht einmal das machen Sie selbst. Was sich anhört wie ein Schildbürgerstreich ist leider Realität in Wolfhagen und Beweis dafür, dass wir noch etliches Potenzial für Einsparungen haben, bevor wir die Bürger belasten müssen.

Jetzt aber noch einmal kurz zurück zu der SPD-Homepage und der dort geforderten Reduzierung der Sach-und Dienstleistungen:

  1. Es gibt ja das alte Vorurteil, was übrigens nicht von mir stammt und wovon ich mich auch ausdrücklich distanzieren möchte, wonach Sozialdemokraten sich mit dem Rechnen so schwertun. Nun, mit Ihrem Rechenexempel auf Ihrer Homepage tun Sie auf jeden Fall nichts dafür, dieses Vorurteil zu entkräften. Warum? Wir planen in den letzten Jahren durchschnittlich mit ca. 5 Mio Euro für Sach- und Dienstleistungen. Davon 5 % sind, richtig, 250.000 Euro nicht 500.000 Euro. Sei`s drum.
  2. Mal ganz ehrlich: Die Forderung nach Einsparungen bei den Sach-und Dienstleistungen haben Sie ja wohl vom BWB abgekupfert, oder? Sie wissen, dass die Einsparung bei den Sach-und Dienstleistungen seit Jahren eine Herzensangelegenheit von uns ist. Nichts desto trotz: Das BWB unterstützt Sie, liebe Sozialdemokraten bei diesem Vorhaben, deshalb haben wir auch einen entsprechenden Antrag vorbereitet.
  3. Ich schlage Ihnen einen Deal vor: Sie stimmen nachher-wie vor einem Jahr auch- für unseren Antrag zur Reduzierung der Sach-und Dienstleistungen und wir tun so, als wäre es Ihr Vorschlag, einverstanden? Wir sind auch sehr gespannt, ob Sie dem Haushaltsentwurf des Bürgermeisters nachher zustimmen werden. Denn die Sach-und Dienstleistungen verharren in 2017 bei 5 Mio Euro, weit von Ihrer und unserer Forderung nach 5 % Reduzierung entfernt. Wenn Sie sich und Ihren Wählern treu bleiben wollen, dürfen Sie dem Haushalt eigentlich nicht zustimmen.

Wenn es uns aber gelingen würde, die Sach-und Dienstleistungen nur um die Hälfte der BWB/SPD-Forderung, also um 2,5 % statt 5 %, zu senken, landen wir bei 125.000 EURO Einsparvolumen, das wäre fast exakt der Betrag, den sich der Bürgermeister von der Erhöhung der Kindergartengebühren verspricht. Und ganz nebenbei senden wir ein Signal an die Bevölkerung, nämlich: Bevor wir die Bürger zur Kasse bitten, sparen wir bei uns selbst. Wäre das nicht toll?

Vielleicht wollen Sie sich ja noch einmal beraten, wir sind gerne zu Gesprächen bereit.

Fazit: Der Beratung des Haushalts im Haupt-und Finanzausschuss war alles andere als zielführend, unter anderem deshalb, weil der Bürgermeister es wieder versäumt hat, die wesentlichen Punkte vorzustellen, vielmehr wurde sich im Klein-Klein verloren. Zum Anfang der Beratungen waren die Unterlagen nicht komplett, der Vorbericht fehlte. Diese Konzeptlosigkeit setzte sich wie ein roter Faden durch alle Teilhaushalte und durch das Haushaltssicherungskonzept durch.

Von Schuldenreduzierung ist nahezu nichts zu spüren, obwohl ein fast siebenstelliger Betrag aus Grundstücksverkäufen eingeht. Das, was wir Ihnen, Herr Bürgermeister seit Jahren vorwerfen und wofür wir hier immer wieder Prügel bezogen haben, nämlich das vom Haushalt keine Impulse für Wachstum und damit höhere Steuereinnahmen ausgehen, hat sich fortgesetzt und die Konsequenzen für Ihr Missmanagement sollen jetzt die wie schon im letzten Jahr die Bürger und Betriebe durch höhere Steuern und Gebühren ausbaden. Die erhofften Effekte können zwar kurzfristig eintreten, mittelfristig wird aber ein Bumerang daraus, weil Sie mit diesen Erhöhungen Kaufkraft abziehen und damit den Standort Wolfhagen für Betriebe und Familien unattraktiv machen.

Ein bedeutender Vorteil der Bürgermeisterwahl vom Sonntag ist der, dass Sie selbst die Suppe auslöffeln müssen, die Sie sich selbst und der gesamten Stadt eingebrockt haben.

Meine Damen und Herren Stadtverordnete, es ist noch nicht zu spät. Der Bürgermeister hat den Haushalt nur eingebracht. Entscheiden müssen wir. Auch wenn Sie im Haupt-und Finanzausschuss für den Haushalt gestimmt haben, besteht immer noch die Möglichkeit, jetzt eine Wende einzuschlagen und diesen wachstumsverhindernden und unsozialen Haushalt nebst Stellenplan und HSK abzulehnen.

Liebe Sozialdemokraten: Seien Sie standhaft, stehen Sie zu Ihrem Programm, Sie haben unsere Unterstützung!

Und denken Sie immer daran: Es geht um Wolfhagen. Um nicht mehr. Aber auch nicht um weniger!